So, nachdem ihr so lange nicht viel von mir gehört habt,
gibt es jetzt einen langen Bericht in Form von kürzeren Abschnitten oder
Anekdoten....
SPORT
Neulich fand ich mich schwuppdiwupp in einem Kleinbus
(Matatu), eigentlich für 12 Leute plus Fahrer und Vorderbank, mit unseren 18
Fußballermädchen und 4 Lehrern von der Father Gulik Sec. School wieder. Das
Matatu sah wie gewohnt nicht so vertrauenserweckend aus, und an der Straße
Richtung Siaya wird gearbeitet, sodass wir etwa 200m zu Fuß zurücklegten, vorbei
an aufgeschichteten Hügeln aus Erde. Unser Ziel, eine andere Schule, wo die
Spiele stattfanden, erreichten wir etwas spät aber sicher, und glücklicherweise
gewannen wir unsere beiden Spiele- einige Mädels bevorzugt barfuß auf dem
Spielfeld. Unterbrechungen gab es fast keine, nur als dann plötzlich eine Kuh
mitten auf dem Feld stand und ihren Haufen hinterließ, musste der Schiri noch
einmal seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Den Rückweg erlebte ich in einer
Welle von Euphorie; auf dem Hinweg wurden ja schon verschiedene Lieder
gesungen, aber die Siegesfeier danach war doch noch ohrenbetäubender...! :)
TAUFE
Im Juni war es dann soweit- ich wurde Mutter, genauer gesagt
„godmother“, also die Patin von der kleinen Michelle Akinyi. In ihrem Kleidchen
und den Perlen im Haar, dazu gekringelte Socken, die mindestens 3 Nummern zu
groß sind, sah sie zuckersüß aus, und wir verbrachten einen schönen Tag,
morgens in der Messe wurde sie von gleich 2 Pfarrern (Father Emmanuel und
Father Ben) getauft, ich versuchte alles auf Dholuo zu verstehen, ich
überreichte ihr Kerze und Kreuzkette, später gingen wir zu ihr nach Hause, wo
wir ein bisschen rumalberten und sehr leckeres Essen bekamen.
TELEFONIEREN
Safaricom, mein Netzanbieter vor Ort, schickt von Zeit zu
Zeit gerne Werbenachrichten, die ich mit einem leicht genervten Aufseufzen
meist direkt lösche. Doch diesmal kam alles anders- denn im Gegensatz zu einem
Anruf nach Deutschland, der mich 30 Cent pro Minute kostet, erfuhr ich nun,
dass es in die USA nur 5 pro Minute sind- billiger als Anrufe im deutschen
Inland...! Was ich sofort nutzte, um meine Freundin Alice in der Nähe von New
York anzurufen, und zu quatschen, als wäre das ganz normal und als ob wir uns
letzte Woche erst gesehen hätten- ein schönes Gefühl, dass ich bisher nur bei
den Verwandten erlebt habe, die mich ab und zu anrufen.. :*
KINDERGARTEN
Ja, die lieben Kiddies. Von denen gibt es hier sehr viele.
Stell dir vor, du möchtest den Kindergarten besuchen. Du gehst also vom
Pfarrgelände auf die Straße, und auf dem Weg hörst du schon halblaute „Mzungu!“
oder „How are you?“ Rufe. Sobald du einen Fuß auf das Grundstück setzt, und die
Kinder (vorausgesetzt natürlich sie sind draußen, was sehr wahrscheinlich ist)
merken, dass du nicht in den Ort gehst, sondern zu ihnen, kommen bereits ca 3
Kinder von irgendeiner Richtung auf dich zugerannt. Mit etwas Glück schaffst du
noch die Hälfte des Weges, bevor ca 6-7 Kinder an jeweils einer Hand/Arm ziehen
und zerren, du halb stolperst und schließlich, nach einem Art Gänsefüßchenmarsch,
das Klassenzimmer mit der Erzieherin erreichst. Nicht zu vergessen natürlich
die beständigen „How are you?“ und „Nadi?“-Rufe der Kinderschar.
Dann geht es weiter: „ Wir machen gerade Papierarbeit, die
Kinder sind nur draußen am Spielen, heute ist kein Unterricht.“ , wurde mir
einmal erzählt. Es gibt nämlich sonst noch „Unterricht“, in dem sie singen,
malen oder etwas Englisch lernen etc. Du gehst also raus, mittlerweile sind die
anderen auch dazugekommen, sodass du jetzt vor der Aufgabe stehst, 30-50 Kinder
auf einmal zu beschäftigen, in einer Sprache, die du nur teilweise beherrschst.
Viel Spaß!!
Nein im Ernst, es macht super viel Spaß, ich renne los und
alle hinterher, und auch bei verschiedenen Hüpf-, Krabbel-, und sogar
Schlafübungen waren die meisten dabei. Ich frage mich, wie das wohl aussehen
mag, eine Weiße, die vor so vielen schwarzen Kiddies wegrennt, die alle vor
Freude schreien..... :) Da ich momentan ziemlich schnell müde werde (Fehlendes
Training..), habe ich das ein oder andere Lied eingebracht, die deutschen
Nummern bis 5 vorgesprochen (die Aussprache der Kinder ist richtig gut!!) und
Musik auf meinem Handy zum Tanzen angemacht. Eine GANZ tolle Beschäftigung ist
auch, in meinen Haaren rumzuwühlen, -ziehen, -kneten etc. – nach dem Porridge
essen mit klebrigen Händen, versteht sich ;). Auf dem Nachhauseweg fühle ich
mich auch nicht allein- das einzig traurige an der Geschichte bleibt die
Enttäuschung auf den kleinen Gesichtern, wenn ich dann am Tor Tschüss
sage.......
KOCHEN
Dieses ist auch ein amüsantes Thema, dazu 2 Geschichten:
Montags, dem freien Tag unserer Köchin, habe ich einmal Milchreis gekocht,
schön mit Milch und Zucker etc. Kurz bevor es fertig war, kam Dick, ein High
School Absolvent der mit uns hier lebt und momentan unterrichtet, herein,
schaut was ich koche und sagt in etwa: „ Ich bin so hungrig... Ich kann nicht
nur Reis essen, machst du auch noch was dazu?“ Nachdem ich ihm erklärte, dass
der Reis süß sein wird, und Sukuma (so ähnlich wie Spinat) nicht dazu passt,
blieb er bei seiner Meinung, er müsse sich etwas dazu machen. Schließlich
konnte Father Ben ihn davon überzeugen, dass er es sein lässt..... :D. Jenni,
Father Ben und mir hat es super geschmeckt, für Dick war es wohl ein wenig zu
süß---.
Die 2. Geschichte ist die, als Jenni und ich beschlossen,
endlich einmal Pommes und Fleisch im Pfarrhaus zu kochen, nicht bei Charles.
Madhe besorgte also sehr schöne, knochenlose Stücke, die wir zusammen auch
leicht schneiden konnten. Wir bereiteten also das Fleisch zu und die Kartoffeln
vor. Netterweise half uns Otibo beim Jiko (ein Art Mini-Kohlegrill oder so, wo
man im Topf drüber kocht) anmachen. Das Fleisch war schließlihc fertig, blieben
nur noch die Pommes, dessen Fett schön heiß wurde auf den nachgelegten Kohlen.
Dann ging es los: an den Pommes war noch Wasser, wo wir nicht drauf geachtet
hatten, sodass erstmal alles total spritzte und zischte. Später, als die Pommes
eigentlich gut werden sollten, schien es Ewigkeiten zu dauern, und irgendwann
fiel uns auch ein, dass wir ja anstatt Pusten viel besser Wedeln sollten, um
den Jiko heißer zu bekommen....na ja, wie lange wir letztendlich gebraucht
haben, möchte ich nicht verraten, aber es war eine lustige Aktion, zumal wir
immer nur Portionsweise Pommes fertig machen konnten, und sie sofort in den
speziellen Töpfen warm halten mussten. Als wir schließlich komplett fertig
waren, war das Fußballspiel rum und unsere (teils unangemeldeten) Gäste auch
gegangen, sodass wir wie geplant genug für 4 Leute hatten... :D.
GEBURT
Am 18.6.2012 war es soweit, ich bekam offiziell mein erstes
schwarzes Baby. (Jenni und ich haben im September, als wir alles erforschten,
im Health Center die Drehscheibe zum errechnen des Entbindungstermins gefunden,
und gleich auf meine letzte Periode eingestellt, wobei dieses Datum herauskam.)
Ich kam also abends nach Hause, und was liegt auf meinem Bett?! Eine schwarze
Stoffpuppe, eingewickelt in Zeitungspapier, ein Geschenk von der lieben Jenni
:). Ich habe mein Mädchen „Lilo“ getauft...
SCHLÄGE
Leider musste ich diese wenig erfreuliche Erfahrung schon
einige Male machen, offiziell ist es vom kenianischen Gesetz her verboten:
Schüler/innen schlagen. Wie an den meisten Schulen werden auch hier die
Schülerinnen von den Lehrern Gehorsam gelehrt- durch Schläge mit einem dicken,
kurzen Stock, entweder auf den Rücken, die Seite oder die Beine. Oft höre ich
auch schon die Betroffene vorher jammern oder zucken, aus Angst vor dem
Schmerz.
Es ist eine andere Kultur und für die meisten ist es auch
irgendwie normal, trotzdem unterhalte ich mich natürlich darüber, um zu
erklären, dass dies nicht der richtige Weg ist, auch wenn das Ergebnis am Ende
zufriedenstellend ist. Schließlich sollen die Schüler nicht aus Angst vor
Bestrafung jede Frage des Tests beantworten, sondern aus eigener Motivation.
Bis dieses Bewusstsein hier aber wirklich die Oberhand
gewinnt, wird es aber wohl leider noch ein bisschen dauern...
MÄRCHEN
Vor kurzem waren Jenni und ich eine Frau namens Rose
besuchen, und als wir dann so bei ihr im Lehmhaus saßen, nachdem wir tüchtig
aßen (was leider trotzdem nicht viel oder zumindest nicht zufriedenstellend für
die Gastgeberin war), sah ich ein Buch auf Kisuaheli dort liegen. Beim
Rumblättern fand ich dann diverse DEUTSCHE Märchen auf Kisuaheli geschrieben,
zu erkennen an der Überschrift (Was könnte wanamusici wa Bremen wohl heißen?)
und den Bildern. So befand sich in diesem Buch die Geschichte von den Bremer
Stadtmusikanten, dem Däumling, des Kaisers neue Kleider und dem gestiefelten
Kater!!! Eine nette Überraschung....
HAUSBESUCH
Meine 2. Begegnung mit einer Schlange war ungefährlich, aber
nicht sehr angenehm- nach dem Abendessen ging ich alleine in unser Haus, als
ich kurze Zeit später etwas sich auf dem Boden windendes erkennen konnte. Bei
genauerem Hinsehen (sie war wirklich klein oder jung) sah ich, dass es sich um
eine Schlange handelte, die mit ihrem Kopf in einem Staubbällchen steckte. Da
ich mich irgendwie nicht in der Stimmung dazu fühlte, sie einfach
rauszuschmeißen(wie gesagt, es war nachts und ich war alleine..), entschied ich
mich für den Vergiftungstod- da ich aber unser Tötungsspray gegen Insekten etc
nicht finden konnte, begann ich mit Jennis Sprühdeo, was leider schon fast leer
war, und erledigte sie dann endgültig mit dem Anti-Moskitospray „Nobite“. Der
Geruch war dementsprechend, dafür war ich zufrieden, und die Schlange blieb auf
der abblätternden Bodenfarbe noch 2 Tage liegen, bis Jenni wiederkam ;) ...!
REGELN
Neuerdings dürfen die Schülerinnen von unserer Sec. School
keine langen Haare mehr haben, eine Entscheidung der Direktorin. Schade ist es
irgendwie schon, dass sie jetzt alle mit kurzgeschorenen Haaren zur Schule
kommen müssen, die geflochtenen Haare sind schon schick. Doch mit der
Begründung, dass eine ordentliche Frisur mit langen Haaren viel Zeit und auch
Geld kostet, was sich im Hinblick auf die Zeit zum Lernen nicht gerade positiv
auswirkt, kann ich diese Regelung nachvollziehen.
So, das waren ein paar Eindrücke aus meiner letzten Zeit, im
nächsten Eintrag werde ich wieder mehr über unsere Projekte berichten; aber
eins nach dem anderen. Ich hoffe, bei euch ist es auch sommerlich warm und ihr
verbringt eine schöne Zeit!
Hier noch ein interessanter Link für einen Artikel der deurschen Welle über Bildungschancen in Kenia:
http://www.dw.de/dw/article/0,,15894662,00.html
Viele Grüße, eure Chrisi